Während zwei Jahren bereisten wir (zwei Erwachsene, zwei Kinder und ein Hund) in einem alten Fiat-Wohnmobil Nord- und Zentralamerika. – For two years, our family of five (two adults, two children and a dog) travelled North- and Centralamerica in an old Fiat-camper.
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6. März 2013
Durch den Süden Oaxacas
Die Strasse windet sich der Küste entlang. Doch nur selten erhascht man einen Blick auf das türkisblaue Pazifik-Wasser. Meistens endet die Sicht weniger Meter vom Strassenrand entfernt in leuchtendgrünem Blattwerk. Es ist erstaunlich grün, obwohl der Boden offensichtlich nach Wasser dürstet. Es ist so trocken, dass ein Funke reicht, um den Boden in Brand zu versetzen. Mehrere Rauchwolken zeugen davon, oft lodert das Feuer gleich am Strassenrand. Inzwischen schliessen wir nicht einmal mehr die Fenster, wenn wir in eine solche Rauchwolke hineinfahren (Fortsetzung im Artikel).
So auch an diesem Morgen nicht. Glutherde am Boden sind noch sichtbar, die Bäume leicht angekohlt aber sonst intakt. Nur die Telefonmasten haben dem nächtlichen Brand nicht standgehalten. Sie liegen mit angesengten Enden am Boden. Die mexikanische Telefongesellschaft ist bereits mit drei Fahrzeugen vor Ort. Auch ein Trupp einheimischer Männer, ausgerüstet mit Gabeln und Macheten, kommt uns entgegnet. Euphorisch johlen sie uns zu.
Die Menschen in den Dörfern sind zurückhaltender. Manche schauen weg, als wollten sie mit Gringos nichts zu tun haben. Andere schauen neugierig, halten sogar unserem Blick stand. Das Eis bricht, als wir lächelnd unsere Hand zum Gruss heben. Kräftig wird er erwidert.
Wir verlassen die Hauptstrasse und folgen einer Staubpiste ans Meer. Die Siedlungen bestehen aus Palmblätter-Hütten, nur wenige sind aus Backstein gemauert. Die Blechdächer sind allesamt mehrmals fantasievoll geflickt worden. Aus Hängematten am Schatten beobachten uns neugierige Kinderaugen, Frauen lugen zwischen der aufgehängten Wäsche hervor. Um die Häuser stehen Bananenpalmen, dahinter saftiggrüne Bananenhaine. Männer bearbeiten mit Ochsengespannen die Erden. Kühe in allen Formen und Farben suchen die abgeernteten Maisfelder nach Essbarem ab. Über die Strasse flitzt eine Echse. Keine Eidechse, sondern ein 50 Zentimeter langes Tier.
Zwischen zwei Feldern kommt uns ein Wasserverkäufer im Pickup entgegen. Wir brauchen Trinkwasser und halten ihn an. "Der Gringo will Wasser", ruft die alte Dame auf dem Beifahrersitz dem Burschen auf der Ladefläche zu. Der Fahrer läuft knallrot an, als er merkt, dass wir Spanisch verstehen.
Ein schlichtes, verblichenes Schild weist auf ein Restaurant am Strand hin. Eine Fischerfamilie hat unter ihrem grosse Blättervordach vier Tische aufgestellt. Sie sind leer. Die Familie isst selber gerade zu Mittag. Die Mädchen im Pubertätsalter schauen uns an, essen dann weiter. Ob wir hier essen können, fragen wir. Ja, wir sollen uns setzen. Fisch hätten sie, gebraten oder frittiert. Als Bratfisch zeigt das Mädchen uns Thunfisch, fürs Frittieren Red Snapper. Zu Hause ist das eine Art "Trendfisch", hier einer von vielen.
Hinter der Hütte senkt sich der Strand ins Meer. Unsere Blicke streifen dem weissen Sand entlang. Der Strand ist einsam, unentwickelt, verlassen. Das Paradies. Und doch wissen wir irgendwie nicht, was damit anfangen. Darf man da einfach hin? Wir fühlen uns irgendwie verloren, so ohne Parkplatz und Sonnenschirme; ohne Hinweisschilder und Verbotstafeln, die uns anleiten.
Scheu fragen wir das Mädchen nach dem (vorzüglichen) Essen, ob wir vielleicht kurz im Meer baden dürften. Sie lacht. Jaja, das Wasser sei ja ruhig, es sei nicht gefährlich. Dass jemand etwas dagegen haben könnte, auf die Idee kommt sie gar nicht.
Am Strand finden wir den Fischervater wieder. Er hat sich zu einem Kollegen unter ein Blätterdach gesetzt. Dahinter ist eine eingezäunter Flecken Sand. Und dann doch noch ein Hinweisschild: "Schildkröten-Station". Als wärs das Natürlichste auf der Welt, erzählen uns die Männer, wie sie nachts die Nester der bedrohten Meeresschildkröten ausgraben und an diesem geschützten Ort wieder vergraben. Es sei nicht schwierig, die Nester am Strand zu finden, erklären die Männer. Die geschlüpften Schildkrötenbabies bringen sie dann ins Wasser. Neun sauber beschriftete Nester warten darauf, bis ihre Zeit gekommen ist. Schildkröten-Schutzprogramme findet man an vielen Küstengebieten Mexikos, seit 1990 die Tiere unter Schutz gestellt worden sind. Doch während sich viele der Stationen auch touristisch vermarkten, verrichten die beiden Männer hier völlig unscheinbar und leise täglich ihre Arbeit.
Keine dreissig Minuten weiter auf dem Highway kommen wir in die Hafenstadt Salina Cruz. Das saftige Grün der Felder verwandelt sich in bleiches Grau des Betons. Palmenhaine werden zu Schilderwäldern. Statt frischer Früchte werden Sonnebrillen und Elektrokabel verkauft. Dicke Kinder in Schuluniform gehen der Strasse entlang. Walmart begrüsst uns. Alte Bekannte.
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