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24. Mai 2012

Der schwarze Engel

 Am 2. Oktober 2006 drang ein 32-jähriger bewaffneter Lastwagenfahrer in Nickel Mines PA in ein Amishes Einzimmer-Schulhaus ein. Nachdem er die Buben und Erwachsenen hinaus geschickt hatte, verbarrikadierte er sich mit zehn Mädchen im Schulhaus. Als die Polizei das Schulhaus zu stürmen drohte, schoss er auf die Mädchen und brachte sich anschliessend selber um. Fünf der Kinder starben, eines überlebte schwer behindert. Der Schütze lebte als Familienvater in der unmittelbaren Nachbarschaft der Amischen und kannte sie, da er jeweils die Milch von den Höfen abgeholt hatte. Der Vorfall erregte international Aufsehen, besonders da es sich damals um die dritte Schulschiesserei innerhalb weniger Tage handelte. Anders als bei anderen Schiessereien ging es aber nicht um Rache an der Schule, noch war die Tat gegen Amische gerichtet, sondern vermutlich sexuell motiviert.

Der Vorfall berührte die amerikanische Bevölkerung jedoch vor allem aufgrund der Reaktion der Amischen. Die Hinterbliebenen des Attentäters – Witwe und Eltern – litten unter der Tat. In öffentlichen Referaten erzählt die Mutter, wie sie und ihr Ehemann fassungslos zu Hause gewesen seien, als einer der Älteren, aufgrund seiner Kleidung als "schwarzer Engel" bezeichnet, am Tag nach der Tat aus der betroffenen Amischen Gemeinde sie besucht habe. Seine Gemeine vergebe dem Attentäter und seiner Familie, liess er sie wissen. Dieser Akt von Grosszügigkeit wurde im Sonntagsgottesdienst der Mennoniten, den wir besuchten, einmal mehr hervorgehoben. Auch ein Buch und ein Film sind ihm gewidmet. Andere Amerikaner äusserten sich hingegen auch kritisch zur schnellen Versöhnung, da eine solche Tat unverzeihlich sei. Für die Mutter des Attentäters hingegen war dies ein einschneidendes Erlebnis zur Bewältigung des Traumas. Gemäss Erzählungen beteiligt sie sich noch heute an der Pflege des schwer behinderten Mädchens und half mit, Geld für die Behandlung und die Ausrüstung zu sammeln.


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