Das Klisché sagt, dass in Amerika
alles grösser ist. Bei vielen Sachen stimmt das, so sind viele Autos
und deren Hubraum doch merklich voluminöser als in Europa. Was in
Amerika auch auffällt sind die riesigen Mengen an Artikel, die
irgendwo auf einer Halde oder in einem Lager rumstehen viel Geld
kosten und auf Käufer warten.
Unendlich viele Beispiele könnten
hier angefügt werden, jedoch möchte ich mich auf die auffallendsten
Beschränken. Das wohl schönste Beispiel fand ich Anfangs Mai vor
einem Supermarkt. Ein ganzes Regal war gefüllt mit Schneefräsen,
über 30 Stück an der Zahl. Diese Dinger werden sicher noch
mindestens ein halbes Jahr dort rumstehen, denn vor November werden
die sicher nicht gebraucht.
Weitere Beispiele fand ich bei Besuchen
in Nordamerikanischen Firmen. Dort hat man gut gesehen, dass „Just
in time“ zwar ein tolles Schlagwort ist, aber mit der Umsetzung
happert es noch. Bei einem renommierten Motorradhersteller stapelten
sich meterhoch die Benzintanks vor der Montagelinie. Eine
kunstsotfverarbeitende Firma zeigte mir voller Stolz vier (!) grosse
Hochregallager mit unmontierten Halbfabrikaten, welche zeitweise
monatelang rumliegen. Mehrere Staplerfahrer sind tagein tagaus damit
beschäftigt, das Lager zu bewirtschaften.
Wenn man durch Nordamerika fährt,
fallen einem oft die grossen Mengen in Reih und Glied aufgestellten
Fertigwaren auf. Pick-up Trucks, Mähdrescher, Bagger, alles steht
rum und wartet auf Käufer.
Nordamerika ist mit der endlosen
Verfügbarkeit gewachsen. Als die ersten Siedler ankamen, hatten sie
unendlich Grosse Landmengen zur Verfügung. Die wegen der stetigen
Einwanderung stark wachsende Zahl an Einwohnern führte zu einer ewig
steigenden Nachfrage. Bald sprudelte in unendlichem Masse das Erdöl.
Als Ford begann im grossen Stile Autos zu fertigen, war die Maxime
die Fliessbänder auszulasten, die Nachfrage war so gross, dass die
produzierte Menge problemlos Käufer fand.
Die Historischen Begebenheiten in
Europa sind anders. Grosse Kriege, kleinere Landflächen und wenig
Rohstoffe führten dazu, dass mit dem Vorhandenen haushälterisch
umgegangen werden muss. Höhere Energiepreise beispielsweise führten
zu dicken Hausfassaden und sparsamen Verbrennungsmotoren, viele Leute
auf engem Raum liessen ein öffentliches Verkehrssystem gedeihen.
Nordamerika hat diese Entbehrungen nie
gekannt, selbst während den Kriegszeiten war genügend von allem
verfügbar.
Auf Grund verschiedener Gegebenheiten
haben sich auch die beiden Kontinente unterschiedlich entwickelt und
obwohl Europäer und Amerikaner gleichen Ursprungs sind, fehlt oft
das Verständnis für die unterschiedliche Betrachtungsweise.
Dass es auch in Nordamerika Firmen
gibt, die „Lean“wirtschaften, zeigt ausgerechnet ein
Staatsbetrieb. Die Royal Canadien Mint in Winnipeg. Die
Münzproduktion sieht piekfein aus, fast keine Bestände, überall
sind die Elemente der Lean Philosophie sichtbar. Es ist deshalb nicht
verwunderlich, dass dieses Unternehmen international sehr erfolgreich
ist und Münzen für über 70 Nationen prägt.(mar)
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