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3. September 2012

LEAN und Staatsbetriebe


Das Klisché sagt, dass in Amerika alles grösser ist. Bei vielen Sachen stimmt das, so sind viele Autos und deren Hubraum doch merklich voluminöser als in Europa. Was in Amerika auch auffällt sind die riesigen Mengen an Artikel, die irgendwo auf einer Halde oder in einem Lager rumstehen viel Geld kosten und auf Käufer warten.
Unendlich viele Beispiele könnten hier angefügt werden, jedoch möchte ich mich auf die auffallendsten Beschränken. Das wohl schönste Beispiel fand ich Anfangs Mai vor einem Supermarkt. Ein ganzes Regal war gefüllt mit Schneefräsen, über 30 Stück an der Zahl. Diese Dinger werden sicher noch mindestens ein halbes Jahr dort rumstehen, denn vor November werden die sicher nicht gebraucht.

Weitere Beispiele fand ich bei Besuchen in Nordamerikanischen Firmen. Dort hat man gut gesehen, dass „Just in time“ zwar ein tolles Schlagwort ist, aber mit der Umsetzung happert es noch. Bei einem renommierten Motorradhersteller stapelten sich meterhoch die Benzintanks vor der Montagelinie. Eine kunstsotfverarbeitende Firma zeigte mir voller Stolz vier (!) grosse Hochregallager mit unmontierten Halbfabrikaten, welche zeitweise monatelang rumliegen. Mehrere Staplerfahrer sind tagein tagaus damit beschäftigt, das Lager zu bewirtschaften.
Wenn man durch Nordamerika fährt, fallen einem oft die grossen Mengen in Reih und Glied aufgestellten Fertigwaren auf. Pick-up Trucks, Mähdrescher, Bagger, alles steht rum und wartet auf Käufer.
Nordamerika ist mit der endlosen Verfügbarkeit gewachsen. Als die ersten Siedler ankamen, hatten sie unendlich Grosse Landmengen zur Verfügung. Die wegen der stetigen Einwanderung stark wachsende Zahl an Einwohnern führte zu einer ewig steigenden Nachfrage. Bald sprudelte in unendlichem Masse das Erdöl. Als Ford begann im grossen Stile Autos zu fertigen, war die Maxime die Fliessbänder auszulasten, die Nachfrage war so gross, dass die produzierte Menge problemlos Käufer fand.
Die Historischen Begebenheiten in Europa sind anders. Grosse Kriege, kleinere Landflächen und wenig Rohstoffe führten dazu, dass mit dem Vorhandenen haushälterisch umgegangen werden muss. Höhere Energiepreise beispielsweise führten zu dicken Hausfassaden und sparsamen Verbrennungsmotoren, viele Leute auf engem Raum liessen ein öffentliches Verkehrssystem gedeihen.

Nordamerika hat diese Entbehrungen nie gekannt, selbst während den Kriegszeiten war genügend von allem verfügbar.
Auf Grund verschiedener Gegebenheiten haben sich auch die beiden Kontinente unterschiedlich entwickelt und obwohl Europäer und Amerikaner gleichen Ursprungs sind, fehlt oft das Verständnis für die unterschiedliche Betrachtungsweise.

Dass es auch in Nordamerika Firmen gibt, die „Lean“wirtschaften, zeigt ausgerechnet ein Staatsbetrieb. Die Royal Canadien Mint in Winnipeg. Die Münzproduktion sieht piekfein aus, fast keine Bestände, überall sind die Elemente der Lean Philosophie sichtbar. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass dieses Unternehmen international sehr erfolgreich ist und Münzen für über 70 Nationen prägt.(mar)

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