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23. Mai 2012

Einige Besonderheiten der Amischen

Schwarze Kleider und Strohhüte sind typisch für Amische Männer

Amische tragen Merkmale, die sich auffällig von anderen Amerikanern unterscheiden. Einige davon sind hier aufgeführt.

  • Amische Männer tragen stets einen Strohhut, schwarze Leinenhosen und Hosenträger, jedoch keine Gürtel. Ledige Burschen rasieren sich, verheiratete oder ältere Männer (ab 40) lassen sich einen Bart (jedoch ohne Schnauz) wachsen. Schnauz, Gurt und Knöpfe verweigern sie, unter anderem daher, weil sie sich als Pazifisten von der Militärmode des 17. und 18. Jahrhunderts abheben wollten. Sowohl bei Männern als auch Frauen dürfen keine Knöpfe sichtbar sein.
  • Amische Frauen tragen uni- und naturfarbene Kleider sowie eine Schürze. Diese ist für verheiratete Frauen schwarz, für ledige Mädchen weiss. Die Haare sind verknotet und mit einer weissen oder schwarzen Haube bedeckt.
Graue Buggies gehören in der Region um Lancaster zu Amischen.
  • Amische fahren weder Auto noch Velo. Sie bewegen sich in grauen (traditionelle Mennoniten in schwarzen) Kutschen mit Pferd vorwärts. Als Kutschenfahrer sieht man Männer ebenso wie Frauen und manchmal sogar Kinder. Zur Sicherheit haben die meisten Bischöfe ihren Gemeindemitgliedern mittlerweile erlaubt, die Pferdewagen durch ein batteriebetriebenes Licht zu beleuchten. Ebenso ist es gestattet, sich mit Trottinetten zu bewegen oder sich von Nicht-Amischen chauffieren zu lassen. Der Gebrauch öffentlicher Verkehrsmittel ist ebenso erlaubt, mit Ausnahme des Flugzeugs ("Wenn Gott wollte, dass wir fliegen können, hätte er uns Flügel gegeben").
  • Amische benutzen für die Arbeit auf dem Hof keinen Traktor. Die Benutzung des Traktors ist einzig für den Antrieb der Heugebläses oder Förderbandes in die Silos erlaubt. Für alle anderen Arbeiten werden Mulis – bis zu acht auf einmal – eingespannt.
Mit der Windmühle wird die Wasserpumpe betrieben.
  • Amische verzichten auf den Gebrauch von Elektrizität, da ein elektrisches Kabel sie zu sehr mit der Aussenwelt verbinden würde. Ihre Haushalts- und Hofgeräte werden mit Gas, Pressluft oder Dieselaggregaten betrieben. Als Antrieb der Wasserpumpe fungiert ein Windrad. Solarpannels sind ein unter Amishen umstrittenes Thema, da sie Strom liefern, ohne von einem Kabel abhängig zu sein. Manche Gemeinden erlauben daher deren Nutzung, andere (noch) nicht.
  • Amische erschliessen ihre Häuser entsprechend auch nicht mit Telefonkabel. Viele besitzen jedoch ein Telefon, das in einem kleinen Häuschen im Garten untergebracht ist. Das Telefon sollte nur für Notfälle benutzt werden. Ebenfalls ein Streitpunkt ist der Gebrauch von Handys.
  • Amische sollten ihre Häuser karg gestalten und die Wände in weiss, grün oder blau halten. Auf Dekorationen ist zu verzichten, es sei denn, es handelt sich um Gebrauchsgegenstände. Besonders beliebt sind bunte Kalenderbilder.
  • Amische sollen sich nicht auf Fotos abbilden lassen. Für Bilder zu posieren wird als Unbescheidenheit angesehen.
  • Amische Kinder besuchen in Klassen mit bis zu 40 Schülern ein Einzimmerschulhaus. Die Kinder werden von der ersten bis zur achten Klasse gemeinsam unterrichtet und erhalten Bildung vorwiegend in den Fächern Sprache und Mathematik. Während andere Amerikanische Kinder zwölf Jahre zur Schule gehen müssen, besteht für die Amischen eine Sonderregelung.
  • Amische Jugendliche verfolgen nach dem achten Schuljahr eine Art Lehre oder helfen auf dem elterlichen Betrieb mit. Nebst der Bauerei sind Maische vor allem im Handwerk tätig. Zwischen 18 und 20 erhalten sie als "Rumspringa" neue Freiheiten. Obwohl die meisten weiterhin zu Hause leben und mithelfen, erkunden sie die Welt der "English", also der Nicht-Amischen. Manche Jugendlichen besitzen in dieser Zeit gar ein Auto, das sie jedoch nicht zu Hause abstellen dürfen. Sie leisten sich moderne Kleider und Ausgang, manche machen gemäss dem Dokumentarfilm "Devil's Playground" (2002) auch Bekanntschaft mit Drogen.
  • Amische gehören zu den Täufern. Sie bekennen sich im Alter von 20 Jahren zu ihrer Religionsgemeinschaft und lassen sich dann taufen. Dem zugrunde liegt die Idee, dass sich die Gläubigen im mündigen Alter aktiv und selbstständig zu ihrem Glauben bekennen sollen – entsprechend wird auf eine freie Entscheidung Wert gelegt. Wer sich allerdings taufen lässt und danach aus der Gemeinschaft der Amischen austritt, riskiert soziale Ächtung. Gemäss verschiedenen Quellen verlassen fünf bis sieben Prozent der jungen Amischen ihre Gemeinschaft. 
  • Amische treffen sich meistens alle zwei Wochen in ihrer Gemeinde zum Gebet. Sie benutzen dazu keine Kirche, sondern treffen sich abwechselnd bei einer Familie auf dem Hof. Gebetet wird im Stall oder in einem für diesen Zweck eingerichteten Raum. Der Gottesdienst dauert rund drei Stunden. Er wird von den Ältesten geleitet. Männer und Frauen sitzen getrennt und nach Alter, die Kinder werden angehalten, still zu sein. Nach dem Gottesdienst essen alle gemeinsam. Nebst den rund 20 Familien der Gemeinde sind oft auch Gäste eingeladen. So kommen leicht 200 oder mehr Personen zusammen.
  • Amische stammen von ausgewanderten bzw. vertriebenen Täufern aus dem deutschsprachigen Raum ab. Viele von ihnen haben die Sprache nicht nur zum Gebet, sondern auch im Alltag beibehalten und sprechen eine Mischung verschiedener altmodischer deutscher Dialekte. Die Mischung, die rund um Lancaster zusammen gekommen ist, nennt man "Pennsylvanian Dutch", wobei "Dutch" für "Deutsch" steht.

Auch wenn einige dieser Regeln auf den ersten Blick sonderbar erscheinen, so sind sie stets in Bezug auf die Grundsätze der Amischen Lebensweise – der Ordnung – zu verstehen. Im Zentrum stehen Einfachheit, Bescheidenheit und die Gemeinschaft. Viele Einschränkungen dienen dazu, eben diese Gemeinschaft zu schützen. Technischer Fortschritt würde die notwendige Zusammenarbeit der Menschen untergraben und schliesslich überflüssig machen – so die wohl grösste Befürchtung. Andere Grundsätze, wie die Ablehnung von Verhütungsmitteln oder Scheidung, beruhen auf der Auslegung der Bibel und werden bekanntlich von zahlreichen anderen, auch weniger auffälligen religiösen Gruppen geteilt. 



Schliesslich sei persönlich angemerkt: Zwar unterscheiden sich die Amischen äusserlich sehr auffällig von anderen Amerikanern. Das einfache, ländliche Leben hingegen, die Arbeit auf dem Hof und der Umgang der Familienmitglieder miteinander erinnerte mich stark an das bäuerliche Leben in der Schweiz – noch heute. Und ja, Amische – zumindest diejenigen, die ich traf – benutzen Pampers, stellen im Garten Trampolins auf, lassen sich quer durch Amerika für Camperferien chauffieren, lassen sich Homepages einrichten (beides beliebte Geschäfte für Nicht-Amische) und kämpfen damit, dass ihre Kinder zu viele Süssigkeiten essen.

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