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5. Mai 2013

Lukrativer als Landwirtschaft


Lago Media Luna

Viele "kleinere" Sehenswürdigkeiten in Mexiko werden von Ejidos geführt, also Gemeinden, die im Gemeinschaftsbesitz Land bewirtschaften. Meistens sind es landschaftliche Besonderheiten wie Wasserfälle und Höhlen oder Phänomene mit Tieren, die vor allem mittelständische Mexikanerfamilien fürs Wochenende anlocken (mehr im Artikel).

English summary:
Many of the less famous sights are run by so called ejidos, communities which own and cultivate pieces of land together. But as in many parts of the world, there is more money in tourism than in agriculture… So many ejidos, open their most spectacular pieces of land to the public. On weekends, middle-class Mexican families go there in uncounted numbers and enjoy the beauty of nature.
Grutas de Tolantongo

Die Strasse ist staubig und schlängelt sich lange durch die Landschaft. Wir passieren eine Schranke, dürfen unser Auto auf dem grossen, staubigen Parkplatz abstellen. Um uns wimmelt es von Leuten aller Generationen. Gäste aus der Stadt mit ihren teueren Autos. Schmutzige Kinder, die ihre Dienste als Gepäckträger oder Autowachen anbieten. Junge Männer, die die Touristen auf den Pferden herumführen. Ältere Männer, die offiziell aussehen und uns anweisen. Frauen, die uns als fliegende Händlerinnen abgefüllte Snacks oder Getränke verkaufen wollen. Wir bahnen unseren Weg zum Eingang, bezahlen den geringen Eintritt und die Parkgebühren. Der Weg ist gesäumt von Ständen und Restaurants. Verkauft wird Essen und Trinken (frisch und Konserven), Souvenirs und Praktisches. Letzteres stammt meistens vom Grossverteiler und wird mit einer geringen Marge weiterverkauft an die Gäste, die ihres zu Hause vergessen haben. Schwimmbrillen, Flipflops, Sonnenhüte, Wasserpistolen, was halt so gebraucht wird. Schwimmwesten, die oft obligatorisch sind, werden gegen Gebühr verliehen. Die Souvenirs stammen im besten, aber auch seltenen Fall von Handwerkern des Ejidos. Meistens ist es Handwerk aus dem Süden, Guatemala oder Peru – und noch häufiger Asien. Plastikfigürchen aus China findet man ebenso wie neu-hinduistisch angehauchter Schmuck und Textilien. Hauptsache, es verkauft sich!

Wochenendausflug für den Mittelstand
Oftmals findet an bei solchen Sehenswürdigkeiten auch einen Zeltplatz. Freitags bis sonntags versammeln sich hier unzählige Grossfamilien, stellen Luftmatratzen, Grill und Hängematten auf, lassen Volksmusik laufen und feiern gemeinsam das Wochenende. Getrunken wird gerne, doch die Stimmung ist sehr friedlich. Obwohl fast immer auch Sicherheitspersonal anwesend ist, sah ich die Wächter nie eingreifen. Und auch die vorverurteilte Fiesta hört meist lange vor den Morgenstunden auf.

Vielleicht entspricht diese Art von Massen-Wochenend-Lager dennoch nicht gerade unserer Vorstellung von "Ecotourismus". Doch würde man den Ejidos Unrecht tun, täte man ihre Werbung als Etikettenschwindel ab. Mit den Einnahmen wird die meist ärmliche Dorfinfrastruktur verbessert: Schulen, Gesundheitsversorgung, Wasser, Strom und die Unterstützung Bedürftiger. So jedenfalls wird's versprochen…
Für die Ejidos ist es eine wichtige Einnahmequelle. Wohl haben auch sie gemerkt, dass Tourismus mittlerweile lukrativer ist als Landwirtschaft. Gleichzeitig vermittelten uns die Ejidos im Gegensatz zu manchen kommerziell geführten Anlagen durchs Band das Gefühl, dass den Gastgebern etwas am Wohl der Gäste – und der Natur – gelegen ist. Die Erwartungen an den Standard müssen zwar angepasst werden, doch die Infrastruktur, mag sie noch so einfach sein, wird gepflegt und in Stand gehalten.

Nur: nicht jedes Ejido kann mit einem Naturphänomen aufwarten. Der Neid scheint gross zu sein und bringt uns gelegentlich zum Schmunzeln. Dann zum Beispiel, wenn auf dem Ticket steht, dass dieses zu keinerlei Leistung auf der anderen Seite des Flusses berechtige. Und wenn auf der anderen Seite des Flusses ein grosses Schild steht: "Bienvenido al Ejido soundso!". Und wenn ebendieses Ejido gleich am Ufer, weit ab der eigenen Infrastruktur, ein Restaurant betreibt. Oder wenn auf dem Weg zum Parkplatz, irgendwo in der Einsamkeit, auf einmal ein flottes Mädchen auftaucht, sich in den Weg stellt und erklärt, um von hier zum nächsten Ejido durchfahren zu dürfen sei Tribut an sein Ejido zu bezahlen…!

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