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15. November 2013

Zwei Lektionen an einem Tag

Ein Dorf, ein Schlagbaum, zwei Büros. Das ist die Grenze von Mexiko nach Guatemala. Die Menschen spazieren ungehindert am Schlagbaum vorbei – wir jedoch werden schon weiter vorne angehalten. Desinfektion. Keiner weiss wozu, aber für die 40 Quetzales, die es kostet, kommt auch gleich ein Geldwechsler angelaufen. Als ich ihn freundlich darauf hinweise, dass sein Kurs etwas gar schlecht ist, weist er mich ebenso freundlich darauf hin, dass dies eben der Schwarzmarkt sei… Das weitere Grenzprozedere verläuft unspektakulär so dass wir noch am ersten Tag die erste Sehenswürdigkeit anschauen können – und auch gleich die ersten Regeln in Guatemala lernen.
Weil uns Zeit bleibt, besuchen wir eine kleine Ruine auf unserem Weg. Auf dem Parkplatz daneben kommen sofort ein halbes Dutzend Teenager angelaufen, die uns das Auto waschen wollen. "Es kostet 10…" – "Sag 15, sag 15!" wird die Rädelsführerin unterbrochen. Wir tun die Episode mit Humor ab und erlauben ihnen, unser Auto zu waschen. Uns beschäftigt viel mehr die Frage, ob wir vielleicht auch gleich über Nacht auf dem Parkplatz stehen bleiben dürfen. Am Eingang steht: "10 Quetzales, unlimitierte Zeit". Der Chef wird gerufen, er empfängt uns mit überschwänglicher Freundlichkeit und meint, natürlich sei das möglich. Für 100 Quetzales! Die übertriebene Summe ist störend genug, aber es kommt noch besser. Kaum ist der Betrag benannt, kommen zwei Frauen gelaufen und bestürmen den Besitzer: "Wieviel? Wieviel bezahlen sie?" Er dreht sich um und zischt: "Schsch, die können Spanisch, die verstehen euch!" Wir merken, dass wir trotz Gegenangebot nicht weiter kommen und besuchen vorerst die Ruinen. Als wir zurück kommen und nach dem Besuch im Hausrestaurant einen zweiten Verhandlungsanlauf wagen wollen, werden wir konsequent von unserem "Amigo" ignoriert. Schliesslich drücke ich dem gleichgültigen Besitzer die 10 Quetzales Parkgebühr in die Hand und wir fahren frustriert weg.

Die dauernde Abzocke an Gringos sind wir uns von Mexiko nicht gewöhnt, aber sie ist in Guatemala weit verbreitet. Der Staat macht es der Bevölkerung vor, bezahlten wir doch mit 50 Quetzales zehnmal (!) mehr Ruineneintritt als die Einheimischen. Die Privaten ziehen mehr oder weniger schamlos mit. Bei jedem Strassenzoll müssen wir aufpassen, dass der Betrag auch wirklich mit der Quittung übereinstimmt. Keine drei Stunden nach dem Grenzübergang haben wir also bereits unsere erste Lektion gelernt: "Als Gringo bist du nur soviel Wert, wie dein Geldbeutel hergibt".

Zum Glück lernen wir aber noch am gleichen Tag auch unsere zweite Lektion: "Es gibt überall freundliche Guatemalteken, die dir aus der Patsche helfen!" Obwohl wir noch zeitig von der Ruine weggefahren sind, fällt nach einer Irrfahrt auf den katastrophal beschilderten Strassen (Lektion eineinhalb in Guatemala!) langsam die Nacht und wir haben noch immer keinen sicheren Übernachtungsplatz gefunden. Wir hoffen auf die Angaben früherer Reisenden – und müssen feststellen, dass das genannte Hotel heute eine Polizeiakademie ist, von der wir freundlich aber bestimmt weggewiesen werden. Während wir den Rückwärtsgang einschalten, winkt uns eine Frau zu sich. Sie gehöre zur ehemaligen Besitzerfamilie und wir könnten problemlos auf dem Familiengrundstück hinter der Akademie stehen. Nach Rückfrage bei ihrem Vater, dem pensionierten Familienpatriarchen, haben wir die Erlaubnis. Er will 50 Quetzales, doch weil ich nur einen 100-er, einen 20-er und einen 5-er Schein habe, ist die Frau mit 25 zufrieden. Sie werde es dem Vater schon erklären.
Nach einer ruhigen Nacht lernen wir tatsächlich noch den Patriarchen kennen und bedanken uns mit einer Tafel Schweizer Schokolade, bevor wir winkend wegfahren.

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