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28. Oktober 2012

Viele Wege führen in den Westen

Es ging um Gebietsansprüche, Unabhängigkeit und manchmal auch um eine zweite Chance. Doch ob politisch, religiös oder rein praktisch motiviert, die Leistung jener, die im 19. Jahrhundert den nordamerikanischen Kontinent mit Planwagen und zu Fuss durchquert haben, bleibt beachtenswert. Zahlreiche offizielle "Trails" gedenken denn auch der Erforschung und schliesslich Besiedelung des Westens.

Lewis & Clark-Trail (Montana, Washington/Oregon): Es war Präsident Jeffersons Idee, 1804 eine militärische Exkursion loszusenden, um den unbekannten Westen besser zu erkunden. Während der Osten der USA dazumal bereits ziemlich entwickelt war, hatten sich bis anhin lediglich Händler und Fallensteller in die Wildnis gewagt. Doch angespornt von den Briten im Norden fand es Jefferson an der Zeit, auch den Westen besser kennen zu lernen und damit allfällige Gebietsansprüche der Briten im Keim zu ersticken. 18 Monate brauchten die 31 Männer unter der Führung von Capt. William Clark und Capt. Meriwether Lewis, um die 4000 Meilen (6400 km) durch Prärie und Berge zum Columbiariver zu durchqueren. Unterwegs dokumentierten sie alles, was ihnen begegnete, Indianerstämme wie Tierwelt. Als Clark um Weihnachten 1805 an der Pazifikküste erstmals Fett eines gestrandeten Blauwals probierte, beschrieb er es wie folgt: "ähnlich wie Schweinefett, jedoch schwammiger und zäher. Ich liess einen Teil davon kochen und fand es sehr zart, vergleichbar mit Biber oder Hund im Geschmack…"

Oregon-Trail (Kansas City-Portland OR): Die grosse Wirtschaftskrise Ende der 1830er Jahre hinterliess in der amerikanischen Gesellschaft ihre Spuren. Manch einem verzweifelten Farmer oder Geschäftsmann brachten die Erzählungen von fruchtbarem Land und Reichtum im Westen neue Hoffnung. Auch den Politikern kamen sie gelegen: nur eine rasche Besiedlung konnte die Gebietsansprüche gegenüber den Briten verdeutlichen. Wachsendes Nationalbewusstsein und die Überzeugung, Gott habe ein Amerika von Atlantik bis zum Pazifik vorgesehen, machte es quasi zur Bürgerpflicht, an der Besiedlung teilzunehmen. Die Regierung versprach willigen Migranten "freies Land". Sogar die Indianer unterstützten vorerst die Siedler auf ihrer Reise – bis sie merkten, dass das "freie Land" ihr Stammgebiet war. Blutige Auseinandersetzungen waren vorprogrammiert…
Unter den ersten Siedlern, welche 1840 die Reise ins heutige Oregon wagten, waren auch Joel und Mary Walker mit ihren vier Kindern. Sie bewiesen, dass die Reise auch für Familien machbar war und öffneten so den Weg für andere Pionierfamilien.

California-Trail (Kansas City-Sierra Nevada): Auch Kalifornien lockte mit seinem Ruf als "Paradies". Noch lauter jedoch war der Ruf des Goldes. Manch ein Abenteurer machte sich als Goldsucher auf in den Westen. Anders als die Siedler jedoch wollten die meisten Goldsucher sich nicht permanent in der Fremde niederlassen, sondern erhofften sich nach einem schnellen Erfolgs als reicher Mann zurück zu kehren. Als James W. Marshall am 24. Januar 1848 Gold fand, wurden die Weichen zur grössten freiwilligen Massenwanderung in der amerikanischen Geschichte gestellt. Tausende Goldsucher verstopften die Pfade nach Kalifornien, Nahrung und Land der Indianer wurden niedergetrampelt, überfüllte Camps förderten Cholera. «Seeing the elephant» wurde zum geflügelten Wort und bezeichnete die lebensbedrohenden Strapazen unterwegs: Wüsten, Berge, Canyons. Wer den Elefanten gesehen hatte, hatte so ziemlich alles gesehen, was es zu sehen gab
Mit der Inbetriebnahme der durchgehenden Eisenbahnlinie 1869 verloren die Trails an Bedeutung. Von nun an dauerte die Reise in den Westen nicht mehr wie anhin Monate, sondern war innert Tagen zu bewältigen.

Mormonen-Trail (Nauvoo IL- Salt Lake City UT): Es kam einem Exodus gleich, was die Mormonen zwischen 1846-69 durchführten. Gegründet 1830 von Joseph Smith im Staat Illinois, erlebte die junge Religionsgemeinschaft (oder Sekte) bis 1845 ein rasantes Wachstum. Doch der Erfolg wie auch einige Kernpunkte der Mormonen (Polygamie, eigene bewaffnete Militia, keine Trennung von Kirche und Staat)
stiess  bei Nicht-Mormonen auf Ablehnung. Nachdem Joseph Smith 1844 von einem wütigen Mob umgebracht worden war, entschied sich die Gemeinschaft, in den noch kaum besiedelten Westen umzuziehen. Salt Lake im grossen Bassin wurde als Siedlungsgebiet auserkoren und nach der Pioniertruppe von 143 Männern, 3 Frauen, 2 Kindern und einigem Vieh zogen tausende von Mormonen mit Plan- und Handwagen nach. Die Migration erfolgte nach einer streng militärischen Organisation, war aber zum grossen Teil sehr erfolgreich. Die Aufbauarbeit der Mormonen war der Grundstein für den Wüstenstaat, der später Utah werden sollte.

Der Pony-Express (St. Joseph, Missouri - San Francisco, California): Losziehen war das eine, die Heimat zurückzulassen das andere. Bis 1850 waren eine halbe Millione Menschen in den Westen migriert – und wünschten sich aktuelle Neuigkeiten von zu Hause. Doch meistens dauerte es sechs Monate, bis diese bei ihnen angelangt waren. Mit dem drohenden Bürgerkrieg vor Augen, erkannte die Regierung Handlungsbedarf. Ein findiger Unternehmer (William H. Russell) orientierte sich an den Römern, Persern und Dschingis Kahn – und entwickelte den Pony Express: Die Post wurde per Pferdestaffel quer durch den Kontinent gebracht. Mehrere Reiter waren unterwegs stationiert um die Post zum nächsten Reiter zu bringen. Auf ihrer 75 bis 100 Meilen langen Strecke wechselten sie das Pferd acht bis zehnmal aus. Die Auflagen an die Reiter waren allerdings streng. Nicht nur sollten sie tadelloses Benehmen an den Tag legen, sondern sie durften auch nicht schwerer als 120 Pfund (54 kg) sein. Dazu mussten sie 20 Pfund (9 kg) Post und 25 Pfund Ausrüstung mittragen.

Die ersten Briefe kamen am 13. April 1960 am anderen Ende des Kontinents an, 10 Tage nach Lancierung des neuen Dienstes. Die Pony-Ära dauerte jedoch nur 19 Monate. Aufgrund finanzieller Probleme, offiziell jedoch mit der Eröffnung der transkontnentalen Telegrafenlinie wurde der Dienst am 26. Oktober 1861 eingestellt. Bis da verfrachtete der Pony-Express über 33 000 Stück Post auf je 300 Läufen pro Richtung. Heute wird dem Postsystem anerkannt, in Zeiten des Bürgerkriegs die Loyalität Kaliforniens zur Union gefördert und massgeblich zur Einheit der Vereinigten Staaten beigetragen zu haben.

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